Hausschweine | Massentierhaltung

Tierquäler verurteilt

Immer wieder kommt es dazu, dass Tierrechtsaktivisten Fälle von Tierquälerei im großen Stil aufdecken. Besonders häufig ist dies der Fall, wenn sie zeigen was sich hinter den verschlossenen Toren großer Mastanlagen, Schlachthöfe und anderen Betrieben der Agrarindustrie abspielt.

Foto: © Jan Peifer

Nur selten kommt es dazu, dass den Verantwortlichen der Prozess gemacht wird. Umso größer ist die öffentliche Aufmerksamkeit, wenn dies doch einmal geschieht. So auch in einem aktuellen Fall, in dem Tierrechtler Missstände aus einer der größten Schweinemästereien Niedersachsens dokumentiert und diese veröffentlicht hatten.

Auf diesen Aufnahmen sind humpelnde und verletzte Tiere zu sehen, Tiere mit unversorgten Wunden, riesigen eitrigen Geschwüren und auch tote Tiere, die das Martyrium nicht überlebt hatten. Kranke Tiere wurden nicht – wie vorgeschrieben – in sogenannten Krankenbuchten separiert. Außerdem nicht zu übersehen ist die massive Verschmutzung der Ställe. Dokumentiert wurde zudem, dass die Trinkwasserversorgung für die Tiere nachts abgestellt wurde. Ein Gutachter sagte im Prozess aus, dass einige Tiere wohl wochenlang leiden mussten, bevor sie starben. All diese Bilder sind typisch für die industrielle Massentierhaltung und sind die Folge der nicht artgerechten Unterbringung der Tiere.

In dem Betrieb, dessen Verantwortliche nun vor Gericht standen, leben insgesamt rund 15.000 Tiere in drei Hallen.

Jährlich werden hier etwa 45.000 Schweine gemästet. Betreut werden die Tiere von nur drei Mitarbeitern, verantwortlich sind zwei Betreiber, Vater und Sohn. Gegen diese Beiden hatte nach der Anzeige der Aktivisten die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt und beide vor Gericht gestellt. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass sie sich der Tierquälerei schuldig gemacht hatten und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von jeweils 8.500 Euro. Zudem müssen sie alle Prozesskosten, also Gerichts-, Anwalts- und Gutachterkosten tragen, die sich vermutlich auf insgesamt etwa 15.000 bis 20.000 Euro belaufen werden.

Aus Sicht von Tierschützern und Prozessbeobachtern fiel die Strafe viel zu gering aus – mit insgesamt jeweils 85 Tagessätzen zu je 100 Euro gelten die beiden Schweinemäster nicht einmal als vorbestraft (dies ist ab 91 Tagessätzen der Fall). Allerdings hatten die Verteidiger mit den üblichen Begründungen einen Freispruch gefordert. Sie unterstellten den Aktivisten, das Videomaterial sei gefälscht, sei manipuliert zusammengeschnitten oder stamme aus ganz anderen Betrieben und sei den beiden Mästern nun böswillig untergeschoben worden. Unter anderem hatten die Verteidiger beantragt, die Videos durch Gutachter prüfen zu lassen. Das Gericht jedoch war von der Echtheit der Dokumentationen überzeugt und verwarf den Antrag ebenso wie viele weitere, die offenbar nur das Ende des Verfahrens hätten hinauszögern sollen.

Die Schweinemäster waren bereits vor dem Urteil zu wesentlich höheren Strafen verurteilt worden, hatten jedoch dagegen Einspruch eingelegt.

Auch gegen das Urteil des Amtsgericht Papenburg können die Betroffenen noch Rechtsmittel einlegen. Der Schaden, den die beiden Verantwortlichen allerdings tragen müssen, dürfte noch deutlich höher sein als die verhängten Geldstrafen. Denn bereits vor der Verhandlung hatten nach der Aufdeckung der Missstände die beiden Hauptabnehmer der Schweinemäster, zwei der größten deutschen Fleischkonzerne, die Zusammenarbeit gekündigt.

Für Tierschützer und Verbraucher bleibt das Urteil dennoch ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn hunderte Millionen Tiere müssen in der industriellen Massentierhaltung leben, leiden und auf ihren Tod warten. Allein in Deutschland sind es mehr als 750 Millionen Tiere, jedes Jahr. Sie alle teilen das traurige Dasein und Ende der Schweine in Niedersachsen, zum größten Teil werden sie dabei nicht einmal beachtet. Rund 98% der in Deutschland verkauften Fleisch- und Wurstwaren kommen aus der sogenannten Intensivtierhaltung, dazu gehört also auch das Fleisch vom Bauern nebenan. Wer das damit verbundene Leid mit seinem Kauf nicht unterstützen möchte, dem bleibt nur eine Option: die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung und Lebensweise.

Jan Peifer