Tierschutzfälle

Nicky - alt, krank, ungeliebt

Im November letzten Jahres lernten wir die Mischlingshündin kennen. Sie lebte in einer kleinen, vollgestopften und verrauchten Hochhauswohnung in Berlin-Neukölln. Der Anblick des Hundes war erschreckend. Ein großer, vereiterter Tumor prangte leuchtend rot mitten auf dem Kopf, zwischen den Hinterbeinen baumelte eine weitere faustgroße Geschwulst.

Nicky in ihrem alten Zuhause im November 2021. Foto: © privat

Als ob die mindestens 15 Jahre alte Hündin Schuld an ihrem Zustand wäre, erzählte man uns, wie schlecht sie läuft, dass sie alles dreckig macht und es das Beste wäre, sie einschläfern zu lassen. Auch der Umgang war lieblos. Statt das offene Geschwür am Kopf ordentlich zu reinigen und zu pflegen, wurde dem kleinen Hund einfach dauerhaft ein ungemütlicher Beißkragen umgelegt, damit sich Blut und Eiter nicht in der Wohnung verteilen. Ein weiches Lager gab es auch nicht, weil Frauchen nicht so oft das mit Sekret verunreinigte Hundebett waschen wollte. Wir redeten mit Engelszungen auf die Halterin ein, Nicky nicht einschläfern zu lassen, denn ganz offensichtlich war sie noch nicht bereit zu sterben. Der Hund zeigte keine Anzeichen von Schmerzen, war interessiert, lief herum und beschnüffelt uns. Wir ermahnten die Besitzerin, dass sich die Haltung, Pflege und medizinische Versorgung unbedingt verbessern müssten.

Anscheinend ohne Erfolg, denn in den nächsten Wochen ging es Nicky immer schlechter. Sie magerte ab, weil ihre Halterin ihr nicht genug zu fressen gab. Aus Faulheit oder Desinteresse oder weil der Hund einfach verhungern sollte? Verzweifelt suchen wir nach Unterbringungsmöglichkeiten. Nicky brauchte in ihrem Zustand Fürsorge, ein sauberes Umfeld und regelmäßige Tierarztbesuche. Das alles fanden wir schließlich bei Stevie, die ein Hundehospiz in Brandenburg betreibt, und sofort bereit zur Aufnahme bereit war. Die Einrichtung ist spezialisiert auf kleine alte Hunde, die in familiärer Atmosphäre den Rest ihres Lebens umsorgt werden.

Wir waren überglücklich und seit dem 15. Dezember ist Nicky nun im Hospiz und in Sicherheit. Ihr Zustand war das Resultat jahrelanger Vernachlässigung. Die Hündin war nicht nur stark unterernährt. Sie litt außerdem an Zahnfleischentzündung und massivem Zahnstein. Auch die Krebsgeschwüre hätte im Anfangsstadium operieren werden können, was dem armen Tier viel Schmerzen und Leid erspart hätte.

Nicky lebt jetzt mit den anderen Oldies in Stevies gemütlichem, blitzsauberen Haus und bekommt alles, was sie braucht. Hochwertiges Futter, tierärztliche Betreuung und ganz viel Liebe. Man merkt, dass Stevie und ihr Freund ihr „Omilein“ ins Herz geschlossen haben und sich über jeden Tag freuen, den sie noch da ist. Da sich der Krebs weiter ausbreitet, kann niemand sagen, wie lange die Hündin noch leben wird, aber wir sind froh und dankbar, dass Nicky in diesem fürsorglichen Umfeld ihre Restlebenszeit genießen kann.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.