aktion tier Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen | Tierschutzfälle mit Hunden

Neue Heimat für den "Rätselwolf" gefunden

Am 26. September 2020 konnte in der Eifel bei Monschau (Städteregion Aachen) ein wolfsähnliches Tier eingefangen werden, welches einer Wandergruppe über mehrere Stunden gefolgt war. Der Rüde verhielt sich Menschen gegenüber zwar scheu, aber nicht aggressiv und wurde kurzfristig im Tierheim Aachen untergebracht.

Fast immer in Bewegung lässt der Wolf seinen enormen Bewegungsdrang erkennen
Fast immer in Bewegung lässt der Wolf seinen enormen Bewegungsdrang erkennen. Foto: Dr. Florian Brandes, Wildtierstation Sachsenhagen

Da unklar war, ob es sich um einen Wolf, wolfsähnlichen Hund oder um einen Hybriden handelte, wurden genetische Proben des Tieres zur Untersuchung an das Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen geschickt. Da das nervöse und im Tierheim zunehmend aggressive Verhalten des Tieres den Verdacht auf einen Wolf nahelegte, wurden wir um Hilfe bei der Unterbringung gebeten. Da die Bedingungen im Tierheim mit Hundelärm und Nähe der Menschen eine enorme Belastung für das Tier darstellten, haben wir uns sofort bereit erklärt, den vermeintlichen Wolf in einem unserer Gehege, abseits von Menschen und Stress durch andere Hunde unterzubringen.

Bei unserer Ankunft im Tierheim Aachen zeigte sich, dass das optisch von einem Wolf nicht zu unterscheidende Tier den Schieber zerstört hatte und im Innengehege festsaß, welches durch die Tierheim-Mitarbeiter nicht mehr betreten werden konnte. Mit einem Blasrohr habe ich das Tier betäubt und vor dem Transport in die Wildtierstation vor Ort eine Allgemeinuntersuchung durchgeführt. Dabei wurde ein Transponder gefunden, der eindeutig belegt, dass dieses Tier nicht aus der freien Wildbahn, sondern aus menschlicher Obhut stammt. Ansonsten befand sich der zwei- bis dreijährige Rüde in einem guten Allgemeinzustand. Im Gehege der Wildtierstation hatte das Tier erst einmal Ruhe, um die genetische Untersuchung abzuwarten und dann das weitere Vorgehen mit den Behörden abzuklären.

Unklare Spur nach Weißrussland

Das Ergebnis der Untersuchung zeigte, dass es sich um einen Wolfshybriden handelt, da er auch genetische Merkmale von Haushunden trägt, die vor drei Generationen eingekreuzt worden waren. Genetisch unterscheidet er sich von der mitteleuropäischen Wolfspopulation und zeigt Ähnlichkeit zur baltischen Wolfspopulation. Rechtlich und hinsichtlich der Haltung ist das Tier aufgrund seines genetischen Wolfsanteiles von fast 90 % eindeutig als Wolf zu behandeln. Passend zur genetischen Zuordnung lässt sich auch die Herkunft des Transponders nach Weißrussland zurückverfolgen. Bei Nachforschungen durch die zuständigen Behörden konnte aber kein Halter ermittelt werden, so dass unklar bleibt, wie der Wolf aus Osteuropa in die Eifel gelangt ist.

Eine Wiederfreilassung kam aufgrund der Hybridisierung und Herkunft aus Menschenobhut nicht in Betracht.

So wurde in Abstimmung mit den Behörden entschieden, den Versuch einer Vermittlung in eine zoologische Einrichtung zu unternehmen. Unter den gegebenen Voraussetzungen ist das normalerweise nicht einfach, da ein einzelner Rüde nicht in ein bestehendes Rudel integriert werden kann. Noch dazu besteht kein Interesse an der Haltung von Hybriden, wenn man mit Wölfen züchten möchte. Glücklicherweise konnten wir bereits nach kurzer Zeit im Wildpark Hundshaupten (Landkreis Forchheim in der Fränkischen Schweiz) ideale Voraussetzungen für unseren Wolf finden.

Wildparkleiter Daniel Schäffer erklärte sich bereit den Wolf zu übernehmen und ihn in einem leerstehenden Gehege mit 3.000 m² Grundfläche unterzubringen. Dort besteht sogar Kontakt zu einem Nachbargehege, in dem zwei weitere Wolfsrüden untergebracht sind. Am 18.12.2020 habe ich den Wolf persönlich in den Wildpark Hundshaupten gebracht und mich von der großartigen Unterbringung in dem naturnahen Gehege überzeugen können. Es war schön zu sehen wie entspannt der Wolf sich in dem großzügigen Gehege verhalten und alles Neue untersucht hat. Nach der turbulenten Zeit, die das noch junge Tier bereits hinter sich hat, wünschen wir ihm, dass er hier zur Ruhe kommen und ein glückliches Leben führen kann.

Da es sich beim Wolf um eine geschützte Art handelt, muss jede Haltung bei der zuständigen Behörde gemeldet sein. Da dies nicht der Fall war, liegt der Verdacht nahe, dass das Tier aus einer illegalen Haltung entkommen ist oder ausgesetzt wurde.

Dr. Florian Brandes

Stationsleiter, Fachtierarzt für Wildtiere und Artenschutz