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Kolik beim Pferd – Ein echter Notfall

Der Begriff Kolik steht für keine exakte Diagnose, sondern wird für alle schmerzhaften Zustände im Bauchraum des Pferdes verwendet. Je nach Ursache können sich innerhalb kurzer Zeit lebensbedrohliche Zustände entwickeln. Deshalb ist es für jeden Pferdefreund elementar wichtig, Vorboten einer Kolik zu erkennen, um dann möglichst rasch und richtig zu handeln. Anderenfalls kann eine Kolik tödlich enden.

Pferde mit einer Kolik legen sich in der Regel hin.
Pferde mit einer Kolik legen sich in der Regel hin. Foto: rihaij /Pixabay

Häufiges Auf- und Niederlegen, Schweißausbruch ohne Arbeit und Scharren mit den Vorderhufen deuten auf ein beginnendes Kolikgeschehen hin. Vermehrtes Wälzen und mangelnder Kotabsatz sowie in Einzelfällen auch Durchfall können weitere Anzeichen einer sich entwickelnden Kolik sein. Doch aufgepasst: Manchmal stehen die Tiere auch einfach nur ruhig da und strecken Kopf und Hals nach vorne aus oder flehmen. Andere sehen sich nach ihrem eigenen Bauch um oder treten gegen denselben. Insbesondere, wenn mehrere dieser Verhaltensweisen gleichzeitig auftreten, liegt ein Kolikverdacht nahe.

Was ist zu tun?

Die Fütterung des Tieres muss umgehend eingestellt werden. Alles an Heu und Stroh ist aus der Box zu entfernen. Dann sollte die Atemfrequenz gezählt werden. Die liegt bei gesunden Pferden in Ruhe zwischen 8 und 16 Atemzügen pro Minute. Alles darüber hinaus deutet auf ein Krankheitsgeschehen hin. Wer kann, darf auch Fieber messen. Hier liegt die Normaltemperatur beim Pferd zwischen 37,5 und 38,2 °C. An der Fessel oder auf der Innenseite der Ganasche können geübte Pferdefreunde den Puls fühlen. Im Optimalfall zählt man 28 bis 40 Schläge pro Minute. Sind alle Vitalparameter im Normbereich, kann man sich etwas entspannen. Alle Werte außerhalb der genannten Frequenzen sind Alarmsignale. Der Tierhalter muss außerdem aufpassen, ob Kot und Urin abgesetzt werden, damit er dies dem Tierarzt bei Bedarf mitteilen kann. Die Nummer des behandelnden Tierarztes gehört griffbereit ans schwarze Brett. Schon bei ersten Kolikanzeichen ist es besser, ihn gleich anzurufen, weil man zu Beginn nicht einschätzen kann, wie dramatisch sich das Geschehen entwickeln wird. So ist er im schlimmsten Fall gleich zur Stelle.

Einige Fachleute raten, das Pferd bis zum Eintreffen des Tierarztes zu führen. Andere lehnen dies ab. Die Fachwelt ist zudem geteilter Meinung, ob man zulassen solle, dass sich die Tiere wälzen oder nicht. Der Zwiespalt besteht darin, dass es einerseits möglich wäre, durch das Führen und Wälzen etwaige Darmverschlingungen zu lösen, andererseits können die potenziellen Verdrehungen durch Bewegung noch zunehmen. Es erscheint sinnvoll, in diesem wissenschaftlich nicht geklärten Zusammenhang das zuzulassen, was das Pferd möchte, um es nicht zusätzlich zu belasten

Fütterung oder Tränkung können die Symptome einer Kolik verschlimmern.
Fütterung oder Tränkung können die Symptome einer Kolik verschlimmern. Foto: Manfred Antranias Zimmer/Pixabay

Was passiert, wenn der Tierarzt kommt?

Zunächst wird das Pferd vom Tierarzt im Stall untersucht. Dazu wird der Patient rektal abgetastet. Die Befunde im Bauchraum helfen dem Veterinär, die Ursache der Kolik zu finden. Puls- und Atemfrequenz werden erneut durch die Fachleute gemessen, Farbe der Schleimhäute und Qualität der Darmgeräusche ergänzen die Befunderhebung. Eventuell wird eine Nasenschlundsonde geschoben, um Aufschluss über den Mageninhalt zu bekommen und wenn nötig einen Teil zu entfernen. Später kann über diese Sonde gegebenenfalls Öl eingeführt werden, um den Darm durchgängig zu machen. Nun wird entschieden, ob konservativ – also u.a. mit krampflösenden und schmerzstillenden Medikamenten – behandelt werden kann oder aber ob operiert werden muss. Im besten Fall helfen also schon Spritzen, die im Stall verabreicht werden, und alles wird gut.

Wie geht es weiter?

Sollte es aber nötig sein, das Pferd in eine Klinik zu überführen, wird das weitere Vorgehen mit den behandelnden Tierärzten besprochen. Bleibt das Tier im Stall, ist eine engmaschige Beobachtung des Patienten von Nöten. Manche Koliker zeigen zunächst eine Besserung der Symptome, verschlechtern sich dann aber wieder rapide. Deshalb kann erst nach einigen Tagen beschwerdefreier Zeit Entwarnung gegeben werden. Bis dahin sollten Besitzer und Tierarzt den Verlauf gemeinsam genauestens im Auge behalten.

Wie kann man prophylaktisch eine Kolik verhindern?

  • Eine regelmäßige Entwurmung beugt Koliken vor, da auch Parasiten Verursacher der Darmproblematik sein können.
  • Eine abrupte Futterumstellung ist zu unterlassen, dies ist vor allem beim Weideaustrieb im Frühjahr zu beachten. Jegliches Futter muss vor Verabreichung wenigstens grobsinnlich einer Qualitätskontrolle unterzogen werden. Je besser das Heu, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Kolikerkrankung. Kraftfutter sollte besser nach der Heufütterung verabreicht werden und dies lieber mehrmals in kleinen Portionen über den Tag verteilt. Der Zugang zur Futterkammer muss gut gesichert sein. Große Mengen Futter führen zur Magenüberladung und können Auslöser einer Kolik sein.
  • Unverhältnismäßige Anstrengung sollte unterbleiben. Stressfaktoren, z.B. auf Reitturnieren, sind möglichst gering zu halten. Regelmäßige Bewegung trägt zur Ausgeglichenheit bei und kann deshalb auch als Prophylaxemaßnahme gewertet werden.
  • Bei Witterungsumschwüngen sind Pferde besonders sensibel und dementsprechend zu handhaben.
  • Vergiftungen und Infektionskrankheiten können Koliken mit verursachen und sollten durch den Besitzer durch sorgsame Fütterung bzw. Impfungen ausgeschlossen werden.
  • Zahnpflege ist ein weiterer wichtiger Pfeiler in der Vermeidung von Koliken.
  • Möchte man sich für alle Eventualitäten rüsten, ist es ratsam, allzeit einen fahrbereiten Pferdeanhänger auf dem Hof zu haben. Diese vorbeugende Maßnahme gewährleistet, dass man das kranke Pferd umgehend stationär in eine Tierklinik transportieren kann. Kolikpatienten können dort wesentlich lückenloser überwacht werden, als dies im Stall möglich ist, auch wenn zunächst nicht operiert werden muss. Außerdem kann in der Klinik das gesamte technische Instrumentarium genutzt werden, um z.B. Blutuntersuchungen durchzuführen, die Aufschluss über die Entwicklung des Geschehens zulassen.

Schenkt man all den aufgelisteten Punkten die entsprechende Aufmerksamkeit, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich eine Kolik entwickelt, nicht sehr groß. Denn besonders bei dieser Erkrankung gilt: „Vorsorge ist besser als Nachsorge“

Die Koliktypen:

  • Verstopfungskolik
  • Krampf-, Gas- und Sandkolik
  • Darmverschlingung,-drehung oder -einklemmung
  • Darmverschluss
  • Magenüberladung

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.