Hauskaninchen | Tierschutzfälle

Kaninchen in Einzelhaft

Anders kann man es fast nicht nennen, wenn ein einsames Kaninchen ausschließlich in einem kleinen Käfig leben muss. Was haben diese Tiere verbrochen, dass ihnen Derartiges zugemutet wird?

 

Nickys Zuhause. Eigentlich müsste schon der Verkauf solch kleiner Käfige verboten werden. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Ende November haben wir es wieder einmal erlebt. Kaninchen Nicky sitzt regungslos in seinem ca. 100cm x 50cm kleinen, vergitterten Lebensraum. Ohne weiteren Auslauf. Derartige Käfige werden im Handel leider immer noch als „Nagerdomizil“ an Ahnungslose verkauft. Auch die beiden Halter in Berlin-Spandau verfügen nicht über die gemäß §2 Tierschutzgesetz erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Haltung von Kaninchen. Denn sie sind sich zu 100% sicher, dass man „Hasen“ genau so hält – allein im Käfigknast. Dabei verstößt die Einzelhaltung dieser hoch sozialen Kleintiere gegen das Tierschutzgesetz und wird auch von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) grundsätzlich abgelehnt. Bei Mastkaninchen ist die Einzelhaltung sogar explizit gesetzlich verboten (siehe unten). Was für diese Tiere gilt, muss auch für Hauskaninchen gelten.

Mit den TVT Merkblättern gut informiert

Die Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) stellt interessante und informative Merkblätter zu zahlreichen Themen rund ums Tier kostenlos zur Verfügung. Unter anderem zur Haltung von Haustieren wie Hund, Katze, Kaninchen und Vogel. Hier können sich nicht nur Halter schlau machen. Normalerweise orientieren sich auch Amtsveterinäre an diesen Merkblättern und nehmen sie als Grundlage für Tierschutz-Kontrollen. Außerdem werden im Falle von Gerichtsverfahren die TVT Publikationen als fachliche Gutachten zur Auslegung des §2 Tierschutzgesetz (Grundsätzliches zur Haltung von Tieren) angesehen.

Hinzu kommt die ebenfalls tierschutzwidrige, ausschließliche Käfighaltung. Sie schränkt die Möglichkeit zur artgemäßen Bewegung stark ein und verursacht den Tieren Schmerzen und Leiden. Kaninchen sind bewegungsfreudig und brauchen genügend Platz, um zu rennen, zu springen und Haken zu schlagen. Die TVT schreibt für die Dauerhaltung von 2 Kaninchen eine Mindestfläche von 6m² vor. Als Faustregel gilt jedoch: je größer desto besser. Viele Tierfreunde richten ihren Kaninchen sogar ganze Zimmer ein und bieten ihnen im Sommer Auslauf in einem Gehege im Garten.

Wir haben die Besitzer von Nicky natürlich sofort beim zuständigen Veterinäramt angezeigt und angeboten, das Tier kostenlos in unsere Obhut zu nehmen. Man hat uns versichert, den Fall zu bearbeiten. Nähere Informationen haben wir aus Gründen des Datenschutzes leider nicht erhalten.

Einzelhaltung von Mastkaninchen gesetzlich verboten

Gemäß der Tierschutz-Nutztierverordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere dürfen Mastkaninchen nicht einzeln gehalten werden (§ 36 Absatz 1)! Dies gilt sowohl für Hobbyhaltungen zur eigenen Versorgung mit Kaninchenfleisch als auch für gewerbsmäßige Haltungen. Die Ära der sogenannten Stallhasen, die einzeln in ihren kleinen Buchten meist in einer dunklen Ecke eines Schuppens ihr Dasein fristen, sollte somit vorbei sein. Bitte erstatten Sie Anzeige beim zuständigen Veterinäramt, wenn sie verbotswidrige Einzelhaltungen feststellen.

Dies gilt auch bei einer Gruppenhaltung, wenn Sie das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt. Wenn zum Beispiel die nutzbare Bodenfläche zu klein erscheint oder der Standort zu dunkel ist. Oder wenn das Gehege verdreckt wirkt und kein Futter vorhanden ist. Scheuen Sie sich nicht, eine Anzeige zu verfassen. Das geht heute ganz leicht per email. Bitte unbedingt den Namen und die Adresse des Halters angeben und nach Möglichkeit ein Foto beifügen. Dankeschön!

Bitte schauen Sie nicht weg, sondern zeigen Sie Tierquälerei an! Foto: © aktion tier e.V.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.